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Iran Teil 3 Shiraz

Abaekuh

19.02.2019 

Der Tag hat so schön angefangen (Frühstück in der Ruine, Frank fliegen lassen, ...) und jetzt das: Die Polizei – von dem Typ auf dem Roller alarmiert – fährt vor und zwei Uniformierte steigen aus. Der „Rollertyp“ steht etwas abseits und grinst permanent (was uns uns noch mehr nervt, als der Umstand dass wir kontrolliert werden) als ob er eine Belohnung dafür bekommen würde, dass er die Touristen der Polizei gemeldet hat.

Die Reisepässe/Visa werden überprüft und es werden Fragen auf Farsi (Persisch) gestellt, die wir natürlich nicht verstehen, geschweige den beantworten können, was einen der Polizisten zusehends verärgert. Er telefoniert kurz und drückt mir dann sein Handy in die Hand. Am anderen Ende der Leitung ist jemand, der im gebrochenen Deutsch fragt, ob wir eine Drohne haben. Ich versuche die Frage so ungenau wie möglich zu beantworten, denn wir wissen ja seit der Grenze: Filmen und Fotos VERBOTEN!

Letztlich wird das Telefon ein paar mal hin und her gereicht – das Fazit: für weitere Fragen mit auf die Wache kommen! Davor müssen wir aber noch Tanken! Kein Problem.

Wir folgen dem Polizeiauto und überlegen, ob wir wegen der gerade entstandenen Frank-Aufnahmen Schwierigkeiten bekommen könnten und kommen zu dem Schluss: lieber löschen. Also klettert David während der Fahrt im Pinz nach hinten und holt den Laptop raus, während ich der Polizei durch die Wüste Richtung Abarkuh, einer kleinen Stadt, folge. Die Videos werden auf der Festplatte gesichert und nur drei Aufnahmen aus dem Inneren der Ruine lassen wir auf der Speicherkarte der Drohne. Die Festplatte wird tief zwischen den ungewaschenen Unterhosen versteckt.

In der Stadt tanken wir als erstes – es ist bitter nötig – und dann geht es weiter zur Wache und zum obersten Chef. Er ist derjenige, mit dem ich vorher auch telefoniert habe und so unterhalten (verhört er uns...) wir uns auf Deutsch. Es werden die typischen Fragen gestellt: Wo kommt ihr her? Wo wollt ihr hin? Was macht ihr hier? Warum?

Während dem „Gespräch“ kommen drei weitere Herren in feinen Anzügen herein – Geheimpolizei wie wir vermuten – und einer von ihnen nimmt als erstes unsere Pässe mit und verschwindet einfach...

„Wie haben Sie diesen Ort gefunden?“ Diese Frage wird uns sehr oft gestellt. Der Umstand, dass wir per Zufall – Nachts – darauf gestoßen sind, wollen sie uns einfach nicht glauben. Fragen wie „...hattet ihr einen Guide“ oder „...hat euch jemand die GPS-Koordinaten geschickt“ und „...wer hat ihnen geholfen?“ müssen wir mehrfach negativ beantworten. Dann wollen sie ALLE Aufnahmen sehen, die wir im Iran gemacht haben! Ohne zu zögern gebe ich mein Handy heraus und dann schauen sich der Polizeichef und die Geheimdienstler zusammen meine über 2000 Bilder und Videos an...

Wir lehnen uns zurück und trinken den servierten Cay, geben ab und an ein Kommentar über eines der Bilder und essen Orangen.

Nach gut 15 Minuten haben sie genug gesehen – lang nicht alles – und dann kommen sie auf Frank zu sprechen. Sie wollen unsere Drohne sehen. Okay. Keine Ursache! David geht – in Begleitung eines Polizisten – zum Pinz und holt Frank und meinen alten Dell Laptop. Normalerweise bearbeiten wir alle Videos mit David´s MacBook, mein Laptop ist viel zu langsam dafür – und dementsprechend verwackelt werden die drei Aufnahmen (die wir auf der Drohne gelassen haben) abgespielt.

Wir wissen nicht wie wir es geschafft haben die Polizei davon zu überzeugen, dass das wirklich unser Ernst ist!

Nachdem die Videos gesichtet werden, änderte sich die Stimmung – wir werden nicht mehr als Spione gesehen sondern als dumme Trottel (wer solche Aufnahmen macht...) – und zu diesem Thema heißt es dann nur noch: Keine Fotos und Videos machen... Alles klar! Ab sofort machen wir keine Bilder mehr!!! Großes Indianerehrenwort! Löschen müssen wir aber keine einzige der Aufnahmen. Weder auf dem Handy noch auf Frank.

Das Thema schwenkt zu dem Leben in Deutschland um und wir werden Dinge gefragt, wie „was verdient man als Sportlehrer“ oder „wie hoch ist die Miete für eine Wohnung“, usw. Es wird geplaudert. Auch der Geheimdienstler, der am Anfang mit unseren Pässen verschwunden war, ist wieder da: keine Schwierigkeiten.

„Sie sind jetzt frei“ teilt uns der Chef mit und dann packen wir unsere Sachen und verschwinden so schnell es geht.

Sobald wir die Polizeistation verlassen haben kriegen wir uns nicht mehr vor Lachen. Das wir mit der Aktion ohne weiteres durchgekommen sind haben wir nicht erwartet.

Glück dem der wagt!

 

Shiraz

Wie an den anderen Orten zuvor haben wir auch hier einen Kontakt von Amir bekommen. Nach Kontaktaufnahme mit Soroush bekommen wir eine Adresse in den Vierteln der Altstadt. Dichter Verkehr nahe dem Bazar lässt uns nur langsam vorankommen, gibt uns andererseits aber auch die Möglichkeit etwas von den Menschen und der Stadt zu sehen.

Das „Parhami Traditional House“ (PTH) ist ein über 200 Jahre alter Komplex aus mehreren Gebäuden in Mitten der verwinkelten Gassen und Wege nahe des Bazar´s. Wir brauchen mehrere Anläufe, bis wir den richtigen Eingang finden und wir in den engen Gassen einen geeigneten Parkplatz für den Pinz ausfindig machen.

Soroush ist um die 40 Jahre alt und ein Vollblutunternehmer. Neben dem Hostel – das nebenbei ein sehr gefragtes Restaurant ist – besitzt er noch mehrere weitere Projekte in die er investiert. Unter anderem in der Gastronomie und der Hotel-Branche.

Folgenden Deal schließen wir mit ihm: Wir können so lange wir wollen in seinem PTH bleiben wie wir wollen, dafür besuchen wir eins seiner Projekte und machen ordentlich online Marketing. Der Grund ist, dass er versucht kleineren, traditionellen Hostels außerhalb der großen Städte und Sehenswürdigkeiten hilft bekannter zu werden, um so in naher Zukunft für ausländische Touristen ein Reiseziel zu bieten.

Wir bekommen unser eigenes Zimmer und können tun und lassen was wir wollen! Als Soroush´s Gäste haben wir alle Privilegien die es gibt: Essen und trinken können wir jederzeit im Restaurant bestellen und falls wir noch etwas brauchen müssen wir es nur den Angestellten wissen lassen. Verrückt!

Unser Zirkus-Projekt findet er ziemlich cool, aber leider hat er keinen Kontakt zu Schulen oder anderen Einrichtungen für Kinder. So setzten wir in den kommenden Tagen unsere Prioritäten auf die Dokumentation: David macht VLOG und ich BLOG.

 

Zahn

Es drückt und zieht wieder einmal in der nur ungünstigsten Stelle des Körpers: den Zähnen!

Das letzte Mal hatte ich in Kriva Palanka, Mazedonien eine Füllung verloren, welche erneuert werden musste. Mit dem unguten Gefühl, dass es wahrscheinlich wieder darauf hinauslaufen wird, beschließe ich einen Zahnarzt aufzusuchen.

Das nahe gelegene Krankenhaus ist die erste Anlaufstelle. Auf dem Weg in den 5. Stock durch die überfüllten Warteräume sehen wir Menschen mit allen möglichen Beschwerden und Leiden. Die Massen macht den Eindruck noch schlimmer und wir (David begleitet mich) wollen so schnell wie möglich wieder hier weg!

Auch im Zahn-Stockwerk ist es rappel voll. Etwas zögerlich – weil kein Plan wie das hier abläuft – gehen wir zum Tresen und versuchen das Problem zu äußern. Die Dame an dem Tresen wird nur rot und ruft nach „Verstärkung“ – Englisch Fehlanzeige. Der Neuzugang ist ähnlich überfordert aber das deuten meinerseits auf den Mund und: „Problem“ erfüllt seinen Zweck: ich werde direkt – ohne zu warten – an den anderen Patienten vorbei gelotst und lande direkt in einem der Behandlungszimmer. Ehe ich mich versehe sitze ich auf „DEM“ Stuhl und eine Ärztin begutachtet das innere meines Mundes. In einem recht guten Englisch (hoppla) fragt sie, seit wann ich schon Schmerzen habe. Darauf antworte ich: „finffe aa ffew dayyfff“ (since a few day´s). Das kann sie nicht so ganz glauben → es geht zum röntgen.

Das daraus resultierende Erkenntnis ist folgendes: treatment ->  Wurzelbehandlung!

Eine der unschönsten Erfahrungen, die ich bisher machen durfte... schon damals in Deutschland. Aber jetzt das ganze auch noch im Iran?!

– Der Kandidat hat die volle Punktzahl –

 

Hier in dem Krankenhaus ist das aber technisch nicht möglich und so werden wir weitergeschickt zu einer Zahnarztpraxis.

Dort – leider – die gleiche Diagnose. In der Taxifahrt von eben hat wohl doch keine Spontanheilung eingesetzt. Heute ist aber leiiiiider keine Zeit mehr und so wird ein Termin auf morgen Nachmittag vereinbart.

 

 

Visa Verlängerung & Wurzelbehandlung.

21.02.19 Tag 200 der Reise.

Unser 30 – tägiges Visa läuft demnächst ab → also muss es Verlängert werden. Für deutsche Staatsangehörige ist ein 90 tägiger Aufenthalt im Iran mit zweimaliger Visa-Verlängerung um jeweils 30 Tage möglich. In Shiraz gibt es ein „Visa-extension-office“ aber die Bewertungen anderer Reisender auf der App „IOverlander“ sind nicht sehr gut! Zum Beispiel werden manchmal Visa nur um 10 oder 15 Tage verlängert, anstatt wie gewollt auf 30 Tage. Für uns wäre das ein großes Problem aber wir versuchen unser Glück.

An der Visastelle müssen wir beim Empfang als erstes unsere Handy´s und Kameras abgeben. Als nächstes gibt es eine Leibesvisitation durch einem Soldaten, erst dann geht es weiter. Das Gelände ist nicht sehr groß, dennoch brauchen wir einen Moment, bis wir in das richtige Büro finden...

...und wir sind nicht die einzigen, die ihr Visa verlängern wollen: der Warteraum ist voll!

Doch sobald wir versuchen auf uns aufmerksam zu machen kommt uns unser fremdländisches Aussehen zu Gute: ein Beamter kommt mit einem Strahlen im Gesicht auf uns zu und fragt was wir wollen und wo wir her sind.

Der Fakt, dass wir Deutsche sind hat uns an den anderen Wartenden direkt an den Schreibtisch des Herren gebracht. Es werden ein paar deutsche Fußballteams und -Trainer genannt (Fußball ist hier SO wichtig) und dann werden die klassische „W-Fragen“ gestellt. Wie erwartet werden die gewollten 30 Tage-Verlängerung mit einem Stirnrunzeln aufgenommen und mit dem Satz „da muss ich erst mal den Chef fragen“ müssen wir das Büro wechseln und dann wird der Boss gefragt.

Dieser – in seinem Sessel fläzend – begutachtet uns ganz genau über der Rand seiner Cay-Tasse und dann werden wieder die selben „W-Fragen“ gestellt wie zuvor. Offenbar sind unsere Antworten Zufriedenstellend → der Boss nickt die 30 Tage-Verlängerung ab und platziert einen Stempel auf beide Formulare.

Yes!!!

 

Dann geht es für uns weiter: die Verlängerung wird in einer Bankfiliale (1200 Meter entfernt) von uns bezahlt (ca. 4 €) und mit der Bestätigung geht es zurück in die Behörde. Unterwegs wollen wir noch kurz ein paar Passbilder – ebenfalls benötigt – machen aber die Damen in dem Fotoladen lassen sich extrem viel Zeit die wir nicht haben, da die Behörde demnächst schließt.

Letztlich wartet David in dem Laden während ich vor renne und noch die benötigten Kopien von den Reisepässen und Visa´s mache. Kurz vor knapp schafft es David noch rein, bevor das Tor verschlossen wird und zusammen geht es wieder zu unserem Beamten. Ab jetzt müssen wir nur noch dem Spektakel zuschauen, welches sich uns bietet: Die Pässe wandern nacheinander über mehr als 5 unterschiedliche Schreibtische: Hier kommt ein Stempel rein, im nächsten wird dieser handschriftlich ausgefüllt, dann werden die Daten im Computer eingetippt und abgescannt, usw.

Rückblickend können wir wieder einmal staunen, wie einfach das ging. Zwar mussten wir ein wenig flunkern bei den „W-Fragen“(Wir sind beide Sportlehrer und reisen NICHT mit dem Auto) und den Herren gefallen (in Arsch kriechen) aber wir haben unsere 30 Tage-Verlängerung bekommen!

Bis zum Abend wird im PTH ausgeruht – es ist wieder ein sehr heißer Tag – und das bevorstehende Ereignis verdrängt...

 

Viel zu späht kommen wir (David begleitet mich wieder → treuer Mann) beim Zahnarzt an → Rushhour, kein durchkommen für unseren Taxifahrer.

Die Prozedur ist mir ja vertraut uns so lasse ich die 1,5 stündige Behandlung über mich ergehen. Der schlimmste Moment ist eigentlich der, wenn die erste Betäubungsspritze in das Zahnfleisch pikst. Generell kann ich die Arbeit des Arztes nur loben. Es wir sehr gründlich und vorsichtig gearbeitet. Nur das Röntgen könnte etwas besser klappen! Ich wurde an diesem Tag mehr als 15 mal geröntgt – die Hälfte der Aufnahmen waren unbrauchbar oder sonst was! Jedenfalls habe ich jetzt meine 2-jährige Strahlendosis schon mal im Voraus bekommen.

Zurück im PTH geht es mir blendend → keine Schmerzen. Später esse ich sogar etwas Reis. Auch die Folgetage bleibe ich Beschwerden frei. Kostenpunkt für die Behandlung: ca. 45,-$. In Deutschland habe ich um die 1300 € gezahlt. Ein kleiner finanzieller Unterschied.

Im Nachhinein erfahre ich, dass in Shiras die größte und beste Zahnarztklinik im Iran ist, wo alle Ärzte ausgebildet werden. Also habe ich den richtigen Zeitpunkt und die richtige Stadt dafür herausgesucht.

 

Pinzgauer

22.02.19

Nach der Durchquerung des halben Iran´s und den Ländern vorher sind die Bremsbeläge der Trommelbremsen des Pinzgauers merkbar abgenutzt (das Bremspedal lässt sich weit herunterdrücken, bis etwas passiert) und wir beschließen den Tag zu nutzen und diese nachzustellen.

Der Vorgang ist recht einfach: Reifen und Trommel runter – Bremsbeläge und Trommel von Dreck reinigen – Trommel aufsetzen und dann durch das Service-Loch in der Trommel mit dem Schraubenzieher die Bremsbacken über einen Gewindezylinder festziehen bis die Trommel kaum spürbar über die Backen streicht. Reifen drauf und den Vorgang drei weitere Male durchführen. Anschließend eine Testfahrt machen und per Handauflegen auf die Felgen prüfen ob Hitze entsteht. Ist das der Fall, müssen die Bremsbacken etwas gelockert werden.

Für dieses Vorhaben fahren wir an den nahe gelegenen Mahrlo-See und halten bei einer Baumgruppe. Die ersten drei Trommeln haken wir ohne Probleme ab und stellen die Bremsen nach. Bei der Letzten werden wir negativ Überrascht: Öl ist durch die Dichtung zum Radantrieb in die Bremstrommel gesickert und hat sich überall zu einem leichten Film angesammelt. Das beeinträchtigt die Bremsleistung erheblich und der Ölverlust kann zu einem Schaden an den Zahnrädern des Radantriebs führen.

Wir machen Fotos von der Sauerei und Reinigen so gut es geht die Trommelbremse, dass wir wenigstens nach Shiraz zurück und zu einer Werkstatt fahren können.

Das dies tiefgreifende Reparaturarbeit bedeutet wissen wir jetzt schon. Aber was es genau sein wird, erfragen wir beim „Offroad Lorenz“ in Deutschland, der uns bei solchen Situationen immer aus der Ferne hilft und mit erstklassigen Pinzgauer-Informationen versorgt.

Bei der Fahrt zurück zum PTH machen wir natürlich den Test, ob die Bremsen gut eingestellt sind und stellen fest, dass wir alle Bremsen etwas zu fest eingestellt haben und sich dadurch an jeder Trommel Wärme entwickelt hat. Das heißt alle Reifen wieder Runter und durch das Service-Loch in der Trommel die Zylinder zurückschrauben. Das alles neben einer stark befahrenen Straße und beim Einbruch der Dunkelheit. Die Moskitos und Stechmücken zeigen großen Interesse an uns, genau wie die vorbeifahrenden Iraner.

 

Event

Da es Nacht ist als wir wieder in Shiraz sind, hat keine Werkstatt mehr geöffnet und so fahren wir zurück zum PTH, wo wir schon von Soroush dem Besitzer erwartet werden: ein großes Event ist am laufen und der Abend ist mit traditionellen iranischen Kochkünsten aus dem Norden und Vorträge über verschiedener Themen rund um iranische Traditionen gefüllt.

Völlig verdreckt und müde von der Bremsen-Aktion sind wie eigentlich wenig motiviert der Runde von Intellektuellen und fein gekleideten Gästen beizutreten, aber wir sind schon angekündigt worden und so bleibt uns keine andere Wahl, als ein frisches Shirt über zuziehen und dann setzen wir uns zu den anderen.

Letztlich ist es doch sehr interessant was wir erfahren und bevor der Höhepunkt des Abends startet – das Essen – geben David und ich einen Jonglage-Workshop für die Gäste und das Personal.

Der Abend kling in einem köstlichen Festmahl auf der Dachterrasse des PTH aus und glücklich gehen wir zu Bett, die anstehende Reparatur am Pinz verdrängend.

 

Die Reparatur 

Zwei Tage später haben wir von Lorenz alle Einzelheiten zur Reparatur erhalten und sind theoretisch gut Vorbereitet auf das Kommende. Das wir die Ersatzteile dabei haben vereinfacht die Situation wesentlich.

Wir fahren zu einer Werkstatt und fragen, ob wir davor an unserem Pinzgauer schrauben dürfen. Hilfe brauchen wir (theoretisch) keine aber eventuell Werkzeug (trotz großer Auswahl, die wir mitführen). Aber leider können wir das Vorhaben hier nicht durchziehen, da enormer Platzmangel vor der Werkstatt und unser Pinzgauer nicht miteinander kooperieren.

Da kommt uns die iranische Hilfsbereitschaft zugute: Der Werkstattbesitzer ruft seinen Cousin an – dieser hat ebenfalls eine Werkstatt – und fünfzehn Minuten später folgen wir diesem quer durch die Stadt zu seiner Werkstatt, die etwas Außerhalb liegt.

Nach einem kurzen Gespräch mit dem Cousin bekommen wir sein „OK“ und wir legen los. Schon nach kurzer Zeit scheint es keine Arbeit mehr für die ganzen Helfer aus der Werkstatt zu geben und wir werden belagert. Zuerst schauen sie nur zu, aber dann wird fleißig mit angepackt.

Reifen runter – Trommel abrücken – Öl ablassen – Bremsbacken & Co. abnehmen – Bremsleitung abschrauben – Zylinderschrauben mit Scheibe ausdrehen und Bremsträger durch leichte Schläge mit einem Gummihammer abnehmen. Dann kommt erst der spannende Teil...

 

...das Zerlegen:

1 Bremsträger mit Radflansch im Schraubstock einspannen.

2 Schrauben ausdrehen und mit Spannscheibe abnehmen.

3 Zahnrad und Innenlagerring mit Abzieher abziehen.

4 Radflansch mit Spezialwerkzeug ausdrücken.

5 Laufring mit Flachmeißel lockern und mit O-Ring abnehmen.

6 Wellendichtring mit einem Hebeleisen herausdrücken.

7 Sicherungsring ausfedern und herausnehmen.

8 Rillenkugellager mit Spezialwerkzeug aus dem Bremsträger auspressen.

9 Nadellager mit Innenauszieher und Stütze herausziehen.

10 Alle Teile auf Wiederverwendbarkeit prüfen (Sichtprüfung).

 

… Was?!?!! Verwirrt???

 

Genau so geht es mir, als ich vor dem ausgebauten Teil sitze aber langsam – step by step – wird das Ding mit Hilfe der Werkstatt-Jungs zerlegt. Leider geht es nicht ganz so einfach, wie es im Reparaturhandbuch steht und so kommen verschiedene Hilfsmittel, wie ein Flammenwerfer, Metallbolzen und Kantholz zum Einsatz. An einem bestimmten Punkt kommen wir mit Manneskraft und den uns gegebenen Hilfsmittel nicht mehr weiter. Eine Hydraulik-Presse muss her!

Es wird kurz telefoniert – keiner der derzeit Anwesenden spricht Englisch – und kurz darauf kommt ein alter Opa auf seinem Moped an. Er begutachtet das Teil, hört sich die Meinungen der Werkstatt-Jungs an und dann schnappt er sich das Teil und legt es in einen Korb, der hinten auf seinem Roller montiert ist. Er steigt auf, wirft das Relikt auf zwei Rädern an und wirft mir einen auffordernden Blick zu: „Komm mit“ besagt dieser und so zwänge ich mich hinter dem Opa im grauen Arbeitsanzug auf den Roller. Mit einem letzen Blickwechsel zwischen David und mir - wir sind beide sehr skeptisch der Situation gegenüber - trennen wir uns.

 

Der Opa und ich fahren ein kurzes Stück aber nicht wie erwartet in eine andere Werkstatt, sondern zu ihm nach Hause! Unter der Treppe in einem winzigen Kämmerchen hat er sich seine kleine aber feine Werkstatt eingerichtet. Er legt los und ich schaue nur zu.

Dann, nach ungefähr 10 Minuten, wird die Arbeit niedergelegt: es gibt Cay! Okay okay. Ich will eigentlich so schnell wie möglich fertig werden und mir passt die kleine Pause eher weniger. Aber ich sitze bei ihm Zuhause im Innenhof und trinke brav meinen Tee und essen ein paar Früchte, so wie es die iranische Gastfreundschaft verlangt.

 

So! Der Cay ist leer. Weiter geht’s ...

 

… dachte ich. Aber es kommt etwas anders. Der Opa schwingt sich wieder auf seinen Roller und fährt weg! Mir bleibt nur eins übrig: die Situation nehmen wie sie ist uns warten. Die Frau des alten Mannes kümmert sich um mich und ich bekomme einen zweiten Tee.

 

20 Minuten und einem Tee später höre ich den Roller wieder in den Hof fahren. Der Opa war seine Nichte von der Schule abholen …

Wir stehen wieder zusammen in der Kammer und dann zerlegen wir – fast so wie per Rep.-Handbuch angewiesen – den Bremsträger, tauschen die Dichtung und das (vollkommen kaputte) Kugellager aus. Das Zusammensetzen geht mir etwas zu flott und ich muss den Opa immer wieder bremsen, damit ich Zeit habe die Schritte nachzuvollziehen und überprüfen kann, ob alles passt.

Die Presse kam beim Zerlegen und Zusammensetzen des Bremsträgers zum Einsatz. Ohne sie wäre es nicht möglich gewesen die Reparaturarbeit durchzuführen.

Der Bremsträger ist wieder zusammengesetzt und wir fahren zum Pinzgauer und dem wartenden David zurück. Langweilig war es allerdings nicht, berichtet er: „ ... ich musste aufpassen, dass die Jungs den Pinz nicht auseinander nehmen ... daher habe ich spontan ein kleinen Jonglage-Workshop plus Aufführung gestartet.“

Gemeinsam setzen wir den Bremsträger wieder an und befestigen die Bremsleitungen. Anschließend wird das ganze Bremssystem entlüftet.

Nach knapp einer halben Stunde sitzt alles wieder an der richtigen Stelle und der Pinz ist wieder fahrtauglich ... hoffentlich!

Es bleibt spannend bis zur Probefahrt! Sitzt alles wieder an der so wie es muss? Haben wir alles korrekt gemacht oder durch einen Fehler beim Zusammensetzen das Todesurteil für den Pinz unterschrieben?

Wir bekommen Gewissheit, als ich hinter der Werkstatt ein paar Runden drehe und eine Vollbremsung nach der anderen mache.

 

Unsere erste große Reparatur-Aktion auf der Reise ist ein voller Erfolg!

 

Zufrieden und glücklich entspannen wir uns merklich. Es entsteht ein Selfie mit allen, die uns geholfen haben und dann wollen wir zurück ins PTH, doch es kommt anders:

Der Opa, bei dem ich den halben Vormittag verbracht habe lädt uns zu sich nach Hause ein...

 

… und wir folgen der Einladung, fahren mit dem Pinz dem Roller-Presse-Opa hinterher und lassen uns in sein Haus hineinführen. Wir schämen uns etwas für die dreckigen Klamotten und den strengeren Geruch, den wir verbreiten.

Trotz der Sprachbarriere können wir ein klein wenig per Handy-Übersetzer kommunizieren. Uns wird angeboten eine Dusche zu nehmen und sogar hier zu übernachten! Beides schlagen wir dankend aus und versuchen auf die unverständliche Miene unserer Gastgeber hin zu erklären, dass wir eine Unterkunft haben und dort auch duschen können.

 

Wir werden aufs Beste versorgt! Es gibt den nicht wegzudenkenden Cay, frisches Obst und Gemüse nebst kleinen Süßigkeiten. Während wir essen werden immer wieder ein paar Bilder gemacht – auch das sind wir mittlerweile von den Iranern gewöhnt – und wir sind so Dankbar für die Gastfreundschaft.

Dann kommt erst das richtige Essen: Pizza vom Boten gebracht, allerdings nur für uns. Unsere Gastgeber schauen uns beim essen zu! Die Situation ist – für uns – so komisch aber es scheint alles zu passen und in Ordnung zu sein.

 

Nach einer Ewigkeit können wir unsere Gastgeber davon überzeugen, dass wir gerne länger bleiben würden aber doch recht gerne dann auch gehen wollen ... und ohne irgendjemand zu verärgern brechen wir auf … nachdem wir wieder ein paar Bilder gemacht und mit kleinen Geschenken ausgestattet werden.

 

Für die Leistungen und Unterstützung bei der Pinzgauer-Reparatur will der Opa übrigens – auch nach mehrmaligem Nachfragen – kein Geld annehmen! Die Jungs aus der Werkstatt haben ebenfalls kein Geld haben wollen und so fahren wir sehr erstaunt über unsere heutige Erfahrung zurück ins „Parhami Traditional House“, um vollkommen fertig ins Bett zu fallen.

 

 

 

Fortsetzung folgt...

 

 

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