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Iran Teil 2 Kashan/Isfahan/Yazd

 Kashan

06.02.2019

Wir sind wieder unterwegs. Für die Fahrt von Teheran nach Kashan brauchen wir 4 Stunden. Wir sehen weite Wüsten ähnliche Ebenen und steile Felsmassive. Dazu scheint die Sonne und die Laune ist am Hochpunkt: wir fahren in den Süden, dem Sommer entgegen. Wir haben lange genug in den Bergen Georgiens und Armeniens gefroren (keine Standheizung!!!).

 

Von Nasim, die bei Kukuk arbeitet, haben wir einen Kontakt in Kashan bekommen: Amir.

Er ist Hostelbesitzer vom „Puppet Museum Guesthouse“ (PMG) und schon als wir per Whatsapp mit ihm in Kontakt treten, merken wir, dass er ein cooler Typ ist. Unser erster Verdacht bestätigt sich, als wir ihn dann im PMG begegnen. Er ist um die 50 Jahre alt, hat eine Halbglatze und trägt eine runde Hornbrille. Das ständige Grinsen im Gesicht rührt wahrscheinlich daher, dass er über einen Witz von vorhin nachdenkt. Das absolute Toping aber ist seine rauchige und basslastige Stimme – so eine „richtige Erzähler-Stimme“!

Er selber hat vor einigen Jahren das PMG aufgebaut und renoviert. Vorher war es ein zerfallenes Haus und jetzt ist es ein Hostel, Restaurant, Museum und Theater. Ausgestellt werden alte und traditionelle iranische Puppen aus allen Regionen des Landes.

Amir ist Puppenspieler und sein großer Traum ist es einmal mit all seinen Puppen in die Welt zu fahren, überall seine Stücke aufzuführen und in Workshops mit den Kindern welche zu basteln... diese Idee mit dem in die Welt fahren und mit Kindern arbeiten kennen wir doch irgendwoher!

Er ist begeistert von GO HAPPY und wir können bleiben so lange wir wollen! Im Gegenzug versprechen wir eine Show zu spielen und Workshops zu geben.

 

Am zweiten Tag in Kashan nimmt uns Amir spontan (typisch iranisch) mit in das nahe gelegene Bergdorf „Neyasar“. Hier hat er ein kleines Haus, in das er sich gerne zurückzieht, wenn es im Sommer in der Stadt zu heiß wird. Jetzt aber müssen wir gut heizen → es ist kalt sobald die Sonne weg ist.

Wir sitzen auf dem Boden. Ein dicker Perserteppich ist das Hauptmöbelstück neben einem kleinen Tisch in der Mitte. Unter diesem ist ein Heizkörper der auf volle Pulle läuft. Eine Decke auf dem Tisch hält die Wärme und wenn man seine Füße darunter steckt ist es super angenehm.

Abends besichtigen wir den berühmten Neyasar Wasserfall. Dieser wird durch eine Quelle mit besonders reinem Wasser gespeist, dass man direkt trinken kann. Viele Iraner fahren extra hier her, um das Wasser in großen Kanistern abzufüllen, für den alltäglichen Bedarf.

Wir verbringen die Nacht zusammen mit Amir und zwei Belgiern in seinem kleinem Haus. Er weiß viel zu erzählen über den Iran und das Leben hier – man hört ihm gerne zu.

Am nächsten Tag treffen wir zwei seiner Freunde und zu siebt machen wir einen Spaziergang zum nahe gelegenen Feuertempel, wo David und ich eine kleine Zirkuseinlage darbieten, zur Freude der anderen Besucher und Touristen.

 

Später am gleichen Tag – es ist ein Feiertag im Iran (08.02.2019) – fahren wir zurück nach Kashan in das PMG und performen unsere Show. Das Museum ist rappel voll mit Zuschauern, die aus den umliegenden Städten wie Teheran und Isfahan hergekommen sind, um den Feiertag hier zu verbringen.

Ein Großteil Kashan´s ist Altstadt und die Häuser sind traditionell aus Lehm gebaut. Die Dächer sind aus Palmenwedel und einer dünnen Schicht Lehm konstruiert → alle 2 Jahre brauch das Dach eine neue Schicht. Die Wände kommen mit einer neuen Schicht alle 8 Jahre aus.

Viele der Gebäude sind über 700 Jahre alt wie auch die alte Kaserne, welche sich nur wenige hundert Meter auf eine Fläche von 0,5 Quadratkilometer erstreckt. Das PMG ist ebenfalls eines der älteren Gebäude und liegt in mitten der Altstadt. Das zieh die Massen an!

So kommt es, dass die Reihen der Zuschauer nicht nur mit Kashanern gefüllt sind und eine Familie aus Isfahan (Millionenstadt südlich von Kashan) da ist. Nach unserer grandios gefeierten Show, während des im Anschluss laufenden Workshops, kommen sie auf uns zu und bieten uns an – falls wir je nach Isfahan kommen sollten – bei ihnen zu wohnen. Das Angebot von Amin (Mann), Maryam (Frau) und Samir (Sohn) nehmen wir dankend an und so sind wir zwei Tage später in Richtung Isfahan unterwegs.

 

Isfahan

10.02.2019

Die 315 Kilometer nehmen wir in einem Rutsch und kommen Abends bei Amin in Isfahan an. Wir werden herzlich empfangen und direkt im geräumigen Wohnzimmer einquartiert.

Das Abendessen wird traditionell auf dem Boden eingenommen – aber nur weil wir da sind. Normalerweise sitzt die Familie am Tisch.

 

Der nächste Tag fängt für uns sehr früh an. Gleich nach dem Frühstück um 7:30 Uhr geht es in das Zentrum von Isfahan. Maryam hat uns in einem Heim für behinderte Waisenkinder einen Auftritt organisiert. Alle Kids sind heute von den Betreuerinnen geschminkt worden uns so performen wir das erste mal vor Superman, Hulk, Batman und vielen weiteren Fabelwesen. Dieses Event ist sehr speziell für die Kinder, erzählt uns Maryam nach den Workshops, da der Staat keinerlei Unterstützung bietet und für kulturelles Programm in der Regel kein Geld da ist. Auch den Standort dürfen wir unter keinen Umständen publik machen, da die Einrichtung sonst ernsthafte Schwierigkeiten bekommen kann. Das pflegen von behinderten Waisenkindern wird in der „normalen“ Zivilbevölkerung nicht gerne gesehen... „es macht doch kein Sinn“... so denken leider sehr viele Menschen hier.

Um so größer ist das Geschenk, dass wir den Kindern geben konnten.

 

Der Tag ist für uns durchgeplant! Direkt im Anschluss geht es weiter zu den Eltern von Maryam. Die Mama hat gekocht.

Die ganze Familie ist anwesend und unser Besuch wird als DAS Event zelebriert! Uns werden sobald wir eintreten und alle begrüßt haben (kein Handshake mit Frauen) die besten Sessel angeboten und diverses Knabber-zeug und Getränke gereicht. Die Wasserpfeife ist natürlich auch dabei. Das Oberhaupt der Familie – der Papa – setzt sich zu uns und jetzt heißt es an uns loszulegen. Wir erzählen, Maryam übersetzt, ihr Papa stellt eine Frage, Maryam übersetzt uns so geht es ewig weiter.

Auf einmal werden wir gefragt ob wir Alkohol wollen. Etwas verunsichert (es ist 14 Uhr! Wir sind im Iran und warum gibt es jetzt auf einmal Alkohol?!?!?!) sagen wir „Ja“. Kurz darauf wird uns der selbst gebrannte 40% Schnaps vom Papa eingeschenkt.

Nach 2 Kurzen sind wir schon gut angeschäkert und lassen den dritten Schnaps lieber stehen.

Bis zu unserer Erlösung endlich das Essen auf der Tafel serviert ist und alle sich niederlassen.

Das Essen schmeckt exzellent und nach kürzester Zeit sind wir vollgefressen. Zurück auf die Sessel und erst mal Pause...

Während wir in einen komatösen Wachzustand verfallen – der eigentlich 2 Stunden Ruhezeit fordert – kommt der Papa auf die Idee in seinem Garten außerhalb von Isfahan das Motoröl vom Pinzgauer zu wechseln (haben das wohl vorher zur Sprache gebracht). Also geht es schonungslos weiter – wir beide spüren den Alkohol nur zu gut – und fahren zum Garten.

Die extrinsischen Bedingungen sind optimal: der Motor ist warm, neues Öl haben wir seit Teheran dabei und der Untergrund ist eben.

Intrinsisch kämpft das Mittagessen gegen den Alkohol um die Vorherrschaft im Magen an und des weiteren meldet sich der zu kurz gekommene Mittagsschlaf mit einem Drücken im Kopf... oder ist das doch der Alkohol... (Junge, Junge wir sind echt nichts mehr gewöhnt).

 

Neben dem Öl wechseln wir auch noch den Ölfilter und nach nicht einmal einer Stunde ist die Sache erledigt. Bei der ganzen Aktion haben uns alle männlichen Familienmitgleiter begleitet und die wollten – natürlich – auch helfen, was zu Chaos und dem Umstand geführt hat, dass ich knapp dem Rand der Verzweiflung entgegensteuerte. „Viele Hände geben ein schnelles Ende“... Ja aber „in der Ruhe liegt die Kraft“ ist hier angebrachter.

Zur (redlich verdienten) Entspannung gibt es im Gartenhütchen einen Cay und natürlich ist auch hier wieder die Wasserpfeife am Start.

 

Maryam organisiert in den nächsten Tagen zwei weitere Auftritte in Kindergärten – in einem davon ist Samir, ihr Sohn – und so könne wir unsere Zirkus-Mission hier in Isfahan voll und ganz erfüllen!

 

Sehenswürdigkeiten

Isfahan ist für seine vielen Brücken über den Fluss „Zayanderud“ berühmt. Besucht davon haben wir die „Siosepol“ und die „Khajoo“ Brücke. Eine Besonderheit war zudem, dass der Fluss Wasser geführt hat. Normalerweise wird das Wasser mit einem Staudamm vor Isfahan gestoppt aber extra für die derzeitigen Feiertage hat die Regierung den Durchfluss genehmigt (das so etwas die Regierung genehmigen muss...).

Des weiteren können wir die „Scheich Lotfallah Moschee“, den „Ali Qapu“, die „Imam Moschee“ und den „Hasent Behescht Palast“ empfehlen, die wir ebenfalls besucht haben.

 

Biking Boarders

Auf Instagram sind wir auf zwei deutsche Jungs aufmerksam geworden, die mit dem Fahrrad nach Asien fahren, dadurch Spenden sammeln, um dort eine Schule aufzubauen. Seit Anfang unsere Reise verfolgen wir die Zwei, da sie eine sehr ähnliche Route wie wir haben. In Istanbul haben wir uns knapp verpasst aber jetzt sind sie auch in Isfahan.

Kurz um wir haben uns verabredet und sind dann in der Altstadt etwas essen gegangen. So begeistert wir von dem Projekt der Beiden wahren, haben sie das unsere gefeiert.

Das Projekt „Biking Boarders“ ist unterstützenswert und mindestens einen Besuch auf ihrer Internetseite ist drin!

 

Castle Rabbit

15.02.2019 Freitag. Tag 194 der Reise.

Die Zeit in Isfahan haben wir dank Amin, Maryam und Samir sehr genießen können. Aber wir müssen weiter fahren.

Auf Momo und Max Empfehlung von Biking Boarders fahren wir in die Wüste um dort eine alte und verlassene Karawane zu besuchen.

Nach einer wilden Fahrt durch die Wüste auf löchrigen Schotterpisten und Schlammwegen sehen wir in der Abenddämmerung einen Umriss eines großen Gebäudes. Die Außenmauer ist zwischen 5 und 7 Meter hoch und während wir ein mal herumfahren, entdecken wir einen hohen Eingang, der direkt dazu einlädt mit dem Auto hinein zu fahren. Wir sind überwältigt. Vor uns öffnet sich ein weitläufiger Innenhof. In der Mitte befindet sich ein alter Brunnen und die Wasserstelle für die Kamele und Dromedare. Rund um befinden sich überdachte Räume in unterschiedlichen Größen, teils verfallen, teils voll intakt.

In einem der größeren Kuppeln fahren wir rückwärts mit dem Pinzgauer rein – das Nachtlager ist gefunden.

Wir sind komplett alleine – nur später kommen kurz zwei Iraner vorbei, die dann aber wieder gehen – und fasziniert erkunden wir jeden Raum und das rundum begehbare Dach. Die Grundfläche ist ca. 80 auf 70 Meter und die Kuppeln ragen zwischen 3 und 8 Meter empor. Das Konstrukt ist nur aus Ziegelsteinen erbaut und trotz des Alters recht gut erhalten.

Früher haben die Handelskarawanen mit ihren Tieren hier gerastet. Nomaden die erschöpft von den unzähligen Kilometern Marsch durch die sengend heiße Wüste hier ihre Zelte aufschlagen, ein Feuer entzünden und ihre Kamele versorgen...

Der Geist und die Geschichten dieser Mauern sind zu spüren. Im Schein unseres Feuers lassen wir unseren kreativen Gedanken freien Lauf.

Wir – als moderne Nomaden – beleben den Ort wieder und werden Teil einer Geschichte, welche die Mauern dem nächsten Reisenden vielleicht offenbaren werden...

 

Am nächsten Morgen machen wir mit Frank (Drohne → YouTube: „wer ist dieser Frank?“) ein paar Aufnahmen vom Castle Rabbit und dann geht es schon weiter nach Yazd.

 

Gastfreundschaft

Die Gastfreundschaft der Iraner ist kaum vergleichbar mit dem was wir kennen. Auf unserem Weg erleben wir immer wieder solche Momente. Folgende Situation:

Wir kaufen Lebensmittel in einem Gemischtwarenladen ein und im Anschluss gehen wir noch zum Bäcker. Fasziniert von der Herstellungsweise schauen wir uns das genauer an...

– der Teig wird als länglicher Fladen in den Ofen auf ein vom Feuer erhitzten Kieselsteinberg ausgebreitet. Nach weniger als 5 Minuten ist das Brot fertig, wird herausgeholt und zum kühlen und Steine herausfallen lassen an die Wand gehängt –

...und werden von den zwei Bäckern hereingebeten. Wir machen Fotos mit den Beiden, was die Jungs richtig glücklich macht und dann bekommen wir das Brot geschenkt! Obendrein wollen sie uns noch Geld geben – das einen noch höheren Wert als das Brot hat – aber darauf lassen wir uns nicht ein.

Solche Momente werten den Tag um 100% auf!

Wir haben manchmal das Gefühl, dass die Iraner eine innere Grenze – die wir verspüren – oft überschreiten oder sie gar nicht erst wahrnehmen. Wann ist Schluss und wann nicht?! Wir lösen dieses Problemchen einfach, indem wir direkt sagen das passt oder „Nein“ das geht gar nicht. So sind wir immer recht gut gefahren.

Parosch – Danke

 

Yazd

17.02.19

Wir haben von Amir aus Kashan, auf unsere Anfrage hin, einen Kontakt bekommen: Neda leitet das „“ Hostel in dem alten Teil der Stadt. Dazu engagiert sie sich regelmäßig für die Kids in der Nachbarschaft und veranstaltet Spieleabende oder lädt zum Basteln ein.

Als wir sie kontaktiert haben wusste sie schon von uns über Amir Bescheid, zudem hat sie unseren Instagram Account gründlich durchstöbert und so geben wir Abends auf dem Dach des Hostels für alle Kinder der Umgebung einen Zirkus-Workshop. Jungs und Mädchen haben von sich aus voneinander getrennt unsere Zirkusutensilien erkundet und zu Beginn war es auch nicht so einfach den Mädels was zu erklären, da sie – aus Respekt den Fremden gegenüber und weil wir Männer sind – immer das Weite gesucht haben. Hier ist zum Glück Neda eingesprungen und hat uns geholfen. Zum Ende hin aber war auch das kein Problem mehr: Zirkus verbindet!

 

Im Gegenzug für den Workshop dürfen wir eine Nacht bei Ihr umsonst unterkommen. Wir werden in einem wunderschön eingerichteten Zimmer untergebracht – wir sind die derzeit einzigen Gäste – und lassen es ordentlich krachen. Die große Küche – normalerweise nur für das Personal – nutzen wir und kochen uns die beste Spagetti Bolognese der Welt! Oder zumindest in Yazd...

 

Nach diesem viel zu kurzen Aufenthalt in Yazd fahren wir weiter dem Süden entgegen. Zum Abschied laufen wir einmal unter dem Koran durch, den Neda hebt und als wir losfahren schüttet sie aus einer Schale etwas Wasser hinter uns her. Dieser Brauch ist Uralt und soll den Reisenden Glück und eine gute Reise bescheren.

 

Wenn wir keine Bleibe haben schlafen wir im Pinzgauer oder dem Dachzelt. Um möglichst ungestört die Nacht zu verbringen suchen wir uns immer ein ruhiges Plätzchen. Das ist aber nicht immer so einfach. Oft fahren wir ewig durch die Kante, bis wir was finden. Wenn es Dunkel ist, erschwert das uns ungemein die Aktion.

 

So kommt es, dass wir wieder einmal durch die Steppe fahren und versuchen den Dörfern und Farmen auszuweichen, als wir in Mitten einer weitläufigen Ebene eine alte Ruine finden, die uns vor dem permanenten Wind schützt. Ein wahres Wunder, denn wir sind ziemlich Planlos in die Walachei geeiert. Ohne den Wind ist es angenehm und so entscheiden wir uns in der Ruine zu schlafen.

Der nächste Morgen beginnt ziemlich ruhig aber relativ früh für unsere Verhältnisse. Ein paar mal sehen wir einen Mann auf einem Moped relativ nah an der Ruine vorbeifahren. Ansonsten weit und breit nichts zu sehen. David packt Frank aus und macht ein paar Aufnahmen von der Ruine.

Gerade als wir losfahren wollen kommt der Mann auf dem Moped zurück und in Begleitung …

 

… die Polizei!

 

 

 

Fortsetzung folgt...

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