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Georgien Teil 2

 

Sonntag 16.12.18

Es geht auf der Autobahn nach Norden und dann auf Landstraßen immer weiter in die Berge. Die Höhe nimmt zu und die Temperatur fällt. Nach und nach sieht man die ersten Schneefelder, bis nach einer der zahlreichen Serpentinen flächendeckend das schöne Weiß zu sehen ist.

Wir fahren vorbei an zugefrorenen Stauseen, die die aufgehende Sonne reflektieren, und majestätischen Bergen die hoch über uns aufragen.

All das verpassen Lily, Davit, Gio und David → sie schlafen den Schlaf der Gerechten, während mir ständig die Augen aus dem Kopf fallen. Der Pinz macht die ganzen Höhenmeter ohne zu murren mit. Das Zusatzgewicht von Skizeug und drei Personen extra merkt man kaum.

 

Gudauri (2196 Höhenmeter)

Wir haben das schönste Wetter, das man sich für einen Skitag wünschen kann: blauer Himmel, Temperaturen gerade unter Null und kaum Wind. Die letzte Woche hat es zwar erst angefangen zu schneien aber dafür die letzten Tage ziemlich stark. Die Pisten sind in einem hervorragenden zustand. Vor Ort leihen wir Boards für David und mich aus, dann geht es los. Lily bringt uns Tagespässe für den Lift. Für unter 16 Jährige ...

 

Bart unter dem Schal verstecken und dann passt das schon.“

 

Der Tag ist perfekt! Wir legen einige Pistenkilometer zurück, für Abseits der Piste ist der Schnee dann leider doch nicht ausreichend, und Mittags machen wir ein kleines Vesper mit weiteren Leuten aus der Waldorfschule.

Zur Krönung setzt der Vater von Gio noch einen oben drauf, indem er uns Geld für ein Abendessen im „besten Restaurant der Umgebung“ zuschiebt. Wir fahren das Tal ein Stückchen tiefer und halten bei einem unscheinbaren Restaurant.

Gio bestellt.

Wir essen klassisch georgisches Schaschlik, eingelegte Auberginen und ... CHINKALI (die georgische Variante einer Maultasche)! Diese zu essen verlangt eine spezielle Technik, die gar nicht so einfach ist: DER/DIE/DAS Chinkali wird (mit den Fingern oder der Gabel) umgedreht und dann beißt man ein kleines Loch in den Teigmantel. Als nächstes schlürft man die heiße Brühe heraus und nach und nach vergrößert man das Loch, bis alles bis auf den Stumpf weg ist (kann man auch essen, da aber der Nudelteig an dieser Stelle so dick ist, ist er nicht durchgekocht ist, ist das jedem selbst überlassen). Es gibt eine Art Wettkampf, welchen die Georgier dabei spielen. Die Regel ist: derjenige mit dem saubersten Teller hat am Ende gewonnen. Grund dafür ist, dass Chinkali essen eine ordentliche Sauerei macht … wenn man es nicht kann.

Die Rückfahrt spät in der Nacht ist ein Event für sich. Mit lauter Musik und selbst gemachten Beats grooven wir zurück nach Tbilisi.

 

Montag 17.12.18

Tbilissi

Das Frühstück in Tamtas Wohnung fällt auf 12 Uhr und wir gehen es langsam an.

Nachmittags bringen wir die ausgeliehenen Snowboard-Boots zurück und werden von dem Typ im Laden mit Handshake und Umarmung begrüßt (plus Kuss auf Wange...)

wir sind in Georgien angekommen!

 

Abends setzen wird das Oberstufenzirkustraining fort. David und ich sehen großes Potenzial in den Leuten und es wird immer realistischer hier ein Zirkus Projekt aufzuziehen!

Nach dem Training werden wir von Dato (12.Klasse) zu einer Runde selbst gemachten Chacha eingeladen, die er und sein Großvater gebrannt haben. Daraus werden dann 6 und später sitzen wir gemeinsam auf einer Garage neben der Schule und singen in die Nacht.

 

Im Verlauf der Woche sind wir zu Dato auf den „Cisartyela“-Hof (mehr dazu in Blog: Georgien Teil 1) umgezogen, und haben ihm, im Gegenzug zum umsonst wohnen, geholfen ein Werkstatt-Dach mit Steinwolle zu isolieren und mit Rigips von innen zu verkleiden. Melanie aus Überlingen (FSJ-lerin im Kindergarten) hat uns dabei tatkräftig unterstützt!

Das Zirkustraining mit der Oberstufe haben wir weitergeführt und zusätzlich – auf Anfrage der Lehrergemeinschaft – mit der 4. Klasse ebenfalls Zirkus gemacht. Dafür sind wir natürlich immer die 30 bis 45 Minuten von Saguramo nach Tbilisi und zurück gefahren. Nach kurzer Zeit war uns die Strecke bekannt und wir haben uns ohne Navi zurechtfinden können.

Vor einem der Workshops haben wir noch Anna (Guide der KUKUKs in Batumi – Blog: Georgien Teil 1) ein Interview gegeben. Neben ihrer Tätigkeit als Englischlehrerin arbeitet sie für eine Zeitschrift für Lehrer und Schüler, die sich mit Bildung in Georgien gefasst.

Das Interview geben wir auf Englisch und vor der Kamera – eine kleine Herausforderung für uns. Der Umstand, dass wir beide ehemalige Waldis sind, kommt immer wieder zur Sprache. Zum Beispiel lautet eine Ihrer Fragen, ob wir durch die Waldorfpädagogik so kreativ erzogen wurden, dass wir dadurch eine Weltreise machen …

Vielleicht .... Aber nicht jeder Ex-Waldi macht dadurch eine 2 jährige Weltreise!

 

Die Tage werden immer kälter und ab und an schneit es. Das Land wird mit einer klaren weißen Schicht überzogen.

Wir sind in Saguramo über dem Kindergarten in einen der großen Tagungsräume eingezogen und haben uns hier ausgebreitet. Um nicht zu frieren, müssen wir mit Holz heizen. Bei unserer Ankunft haben wir als erste Aktion den kleinen Holzofen installiert. Dafür mussten wir die Rohre zum Kamin „verlegen“ und anschließend mit Mörtel den Spalt zur Wand schließen. Morgens ist es immer sehr frisch, bis die ersten Flammen züngeln und nach und nach Wärme in den Raum abgeben.

 

Sonntag 23.12.18

Saguramo

Die Arbeiten am Dach gehen weiter und wir kommen der Fertigstellung immer näher. Ein erleichternder Zustand ist, dass wir unseren Akkuschrauber aus dem Pinzgauer mit benutzen und nicht jede Schraube mit der Bohrmaschine von Dato in die Wand versetzen müssen (wir haben viele Schrauben verbraucht …). Ein anderer ist unsere Teleskop-Leiter die leicht und flexibel ist und so vielseitig eingesetzt wird.

 

Abends geht es mal wieder in die Stadt. Die Oberstufenschüler haben für uns eine Abschiedsfeier organisiert. Mit der Metro (laut und ruckelig) geht es runter in die Stadt und nahe der „Galeria Tbilisi“ weiter zu Fuß in einen der Parks.

Der alt bekannte Chacha wird ausgeschenkt – aus einer 5 Liter Flasche – und der Abend entwickelt sich zu einem der Besten!

David und ich genießen es mit den Leuten abzuhängen. Die letzten zwei Wochen haben uns ziemlich nah an die georgischen Waldis gebracht und wir fühlen uns in diesem sozialen Umfeld sehr wohl.

Runde für Runde wird das spezielle Getränk ausgeschenkt und die Stimmung steigt mit dem Pegel.

Nein“ zu sagen ist hier schwieriger, als ein vierblättriges Kleeblatt zu finden. Es wird gesungen und getanzt zu traditionellen georgischen Liedern.

Der Umstand, dass wir um die null Grad haben stört heute niemanden.

 

Montag 24.12.18 Weihnachten

Wir übernachten bei Ika, einem der 12. Klässler. Den Heimweg der Nacht können wir nur schleierhaft erinnern. Ein Taxi hat dabei wohl eine Rolle gespielt.

 

Hangover. Kater. Game over.

 

Der Chacha will nicht so schnell verschwinden wie er gekommen ist, also gehen wir den Tag sehr, sehr gemütlich an. Ika macht für uns Frühstück – er ist scheinbar Chacha resistent!

Am Nachmittag erkunden wir mit ein paar Freunden die Stadt und lassen die Weihnachtsstimmung auf uns wirken. Die Straßen im Zentrum sind schön mit Girlanden und Lichterketten geschmückt. An Straßenständen gibt es Popcorn - „Batti Butti“ - zu kaufen und während wir tiefen entspannt durch die Gassen schlendern tobt um uns das klassische Weihnachtschaos. Zwar nicht so stark wie wir es kennen, da in Georgien Weihnachten später gefeiert wird, aber es ist dennoch zu spüren.

 

Wir fahren mit einem Taxi zurück und dann passiert es!

Wir steigen aus. Das Taxi fährt weiter. Ich suche nach dem Schlüssel für den Pinzgauer. Finde ihn aber das Handy ist nicht mehr da.

Alle Taschen werden durchsucht. Ohne Erfolg. Das Handy ist weg!!! Im Taxi liegen gelassen. Flugmodus aktiviert. Auf Stumm geschaltet. Ohne Hoffnung auf Kontaktaufnahme.

 

AAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHH

 

Merry Christmas.

Es ist Heiligabend und wir stehen vor der Schule in der Hoffnung, dass der Taxifahrer zurückkommt und das Handy bringt. Vergebens.

Der Portier ruft die Polizei – er kennt da jemanden - und nach kurzer Zeit kommt ein Streifenwagen. Mein Fall wird aufgenommen aber weiter helfen können die Jungs mir nicht. Für weitere Ermittlungen werden wir in das Polizeipräsidium gebracht. Dass wir zu viert auf der Rückbank sitzen ist kein Problem. Mit Blaulicht geht es los: Kippe in der einen, Kaffee in der anderen Hand … zum Glück nur der Beifahrer-Cop.

Auf der Polizeistation mach ich meine Aussage. Handschriftlich wird alles notiert. Im Anschluss setze ich meine Unterschrift darunter... hätte auch ein Kaufvertrag für eine Waschmaschine sein können: die georgische Schrift erinnert mich an „Herr der Ringe“ und die elbischen Schriftzeichen.

Während wir warte, dass was passiert, kommt ein sehr betrunkener Mann in den Warteraum – wir vermuten ebenfalls ein Polizist – der sich auf einer der Wartebänke hinlegt und direkt einschläft. Alle Versuche der Kollegen ihn zu wecken sind vergebens, daher wird er einfach liegen gelassen. Der Oberkracher für uns war, als plötzlich ein lauter und langer (mindestens 20 Sekunden) Furz durch den Raum zelebrierte! Ursprung dieser Schöpfung war der schlafende und schnarchende Polizist auf der Bank.

Wir bekommen uns nicht mehr und liegen uns lachend in den Armen.

Kurz vor 24 Uhr gehen wir. Es hat sich leider nichts ergeben. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt!

 

Zusammen gehen wir einen Burger essen und treffen weitere Leute aus der Waldorfschule, unter anderem Aniko. Sie ist Skilehrerin und ganz nebenbei fragt sie uns, ob wir nicht Lust haben eine Woche Skifahren zu gehen...

Aber klar!

Sie hat erfahren, dass ich Skilehrer bin und da Ihre Mutter eine Skischule in Bakuriani, einem der drei größeren Skigebiete Georgiens, organisiert und leitet bietet sie uns an diese zu besuchen.

Der Deal ist folgender: Vormittags gebe ich Skikurs und Abends machen David und ich zusammen Zirkus mit den Kids. Dafür kommt Sie für alle Kosten auf. Prima!

 

Dienstag 25.12.18

2 Uhr Nachts kommen wir Zuhause in Saguramo an und die erste Aktion ist mein Handy über den Laptop zu sperren … und den verlorenen Bildern und Videos der letzten Monate nachzutrauern.

 

Mittwoch 26.12.18

Das Handy ist weg und leider auch Bilder, Videos, Tonaufnahmen und GPS-Koordinaten. Nur einen kleinen Teil hatte ich online gesichert … man lernt aus seinen Fehlern.

Die Eltern von Melanie kommen sie aus Frankfurt an den Weihnachtsfeiertagen besuchen. Für mich die optimale Möglichkeit ein neues Handy und eine SIM-Karte (alte Nummer) aus Deutschland zu bekommen.

Zeitgleich habe ich bei dem ADAC das Carnet de Passage (CdP) beantragt. Dieses Dokument benötigt man in mehreren Ländern für das eigene Fahrzeug, z.B. im Iran.

All diese Sachen bringen die Eltern von Melanie am Sonntag mit.

 

Montag 31.12.18

Der Pinz verliert Kupplungsflüssigkeit die wir wieder auffüllen → die Dichtung zu erneuern ist recht kompliziert und wir sind uns zudem nicht sicher, ob wir die passenden Ersatzteile dabei haben. Wir gehen es also auf die georgische Art und Weise an: Weiterfahren bis es nicht mehr geht!

Die letzten Tage ist es richtig kalt in Georgien geworden, daher haben wir eine Decke in dem Fahrerhaus installiert. Zuvor hat nur die Plane uns vor den äußeren Einflüssen geschützt. Jetzt haben wir eine Plane und eine Decke!

 

Es schneit.

Silvester wollen wir in der City feiern. Gegen 22 Uhr geht es los. Wir können nur langsam fahren → die Straßen sind spiegelglatt. Der Pinz steht mehr als einmal quer. Allrad hilft hier auch nicht viel.

Kurz vor 0 Uhr schaffen wir es in die Stadt! Auf einem großem Platz mitten in Tbilisi feiern wir mit tausenden anderen Menschen. Es wird Feuerwerk abgeschossen bis der Platz zugequalmt ist. Eine Band spielt Musik und das neue Jahr 2019 ist da!!!

 

20 Minuten Aktion, dann gehen alle nach Hause → hier in Georgien wird eher traditionell mit der Familie gefeiert. Später geht man dann auf die Straßen und in die Bars.

Wir ziehen durch die fast leeren Straßen. 2 Jungs. 2 Bier. Wir sind zufrieden. Unser Spaziergang führt uns auf den Berg mit der „Mutter von Georgien“-Statue und wir genießen den Ausblick über die Stadt. Ab und an sieht man Feuerwerk vereinzelt zwischen den Häusern hervorkommen. Ansonsten ist es Ruhig.

 

Um 2 Uhr treffen wir uns mit den ganzen Leuten von der Schule. Mehrere Bars klappern wir ab und wir machen was jeder an Neujahr macht:

Feiern.

 

 

Fortsetzung folgt...

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